Events Winter 2021

Als Magdalena Ziegler 1914 die Obst- und Gartenbauschule in der alten Orangerie des Schwetzinger Schlosses besuchte, wusste sie noch nicht, wie düster die Zeit werden sollte, die im Ersten Weltkrieg noch vor ihr lag. Zusammen mit ihrer Schwester Anna schrieben sie Koch- und Backrezepte auf, die in der Hauswirtschaftsschule unter der Schirmherrschaft der Großherzogin Hilda von Baden gelehrt wurden. Man findet unter den rund 230 überlieferten Rezepten fast nur Zutaten, die im heimischen Garten wuchsen, die durch die Bank weg nahrhaft sind und mit auffallend mit wenigen Mitteln zu bewerkstelligen sind. Die Küche orientierte sich an der von Frankreich. So werden die vielen Anleitungen für Sonntagsbraten stets mit einer braunen Soße serviert, dazu Sauerkraut oder schlicht Kartoffelbrei.

Über die Hälfte der Rezeptideen gelten dem Nachtisch in den Süßspeisen. Man konnte also dem Leben durchaus auch eine süße Seite abgewinnen. Von Pudding über verschiedene Cremes und süße Aufläufe gibt es Kuchen in allen Varianten, sogar auch mehrere Vorschläge zur Herstellung von Eis. Eine eigene Abteilung widmet sich dem neu aufgekommenen Einmachen von süßen Bohnen und Gurken sowie von Obst. Spezielle Rezepte für Süßgebäck zu Ostern und Weihnachten runden das Schwetzinger Kochbuch der beiden jungen Hauswirtschaftlerinnen  ab.

Auffallend bleibt, dass wichtige Schwetzinger Rezepte fehlen. Offensichtlich war die Verwendung von Spargel oder Fisch schlichtweg zu teuer und wurde erst gar nicht in der Orangerieschule gelehrt. Das Kochbuch ist handschriftlich überliefert und im Besitz des Plankstädter Walter Ott. Mit zahlreichen Abbildungen aus den Ortsmuseen von Plankstadt und Reilingen wird die Zeit zu Beginn des letzten Jahrhunderts ein Stück weit lebendig.